„Es ist unsere Aufgabe, Unruhe zu stiften, zu wirkungsvollen Reaktionen auf zerstörerische Ereignisse aufzurütteln, aber auch die aufgewühlten Gewässer zu beruhigen, ruhige Orte wieder aufzubauen.

In dringlichen Zeiten ist es für viele verlockend, der Unruhe zu begegnen, indem sie eine imaginierte Zukunft in Sicherheit bringen. Dafür versuchen sie, am Zukunftshorizont Drohendes zu verhindern, aber auch Gegenwart und Vergangenheit beiseitezuräumen, um so für kommende Generationen Zukunft zu ermöglichen.

Unruhig zu bleiben erfordert aber gerade nicht eine Beziehung zu jenen Zeiten, die wir Zukunft nennen. Vielmehr erfordert es zu lernen, wirklich gegenwärtig zu sein. Gegenwärtigkeit meint hier nicht einen flüchtigen Punkt zwischen schrecklichen oder paradiesischen Vergangenheiten und apokalytischen oder erlösenden Zukünften, sondern die Verflechtung von uns sterblichen Krittern[1] mit unzähligen unfertigen Konfigurationen aus Orten, Zeiten, Materien, Bedeutungen.“

Das Zitat stammt aus dem Buch „Unruhig bleiben. Die Verwandtschaft der Arten im Chthuluzän“ von Donna J. Haraway. Erschienen ist es im Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2018. Die Übersetzung ins Deutsche besorgte Karin Harrasser. [1] Gemeint sind damit all jene Beteiligten, die in und mit der jeweiligen Konfiguration verflochten sein können, beispielsweise Mikroben, Pflanzen, Tiere, Menschen und sogar Maschinen.